Liegt die Zukunft der Payment Industry im Metaverse?
Adam Vissing, VP of Sales and Business Development bei IXOPAY, widmet sich in diesem Blog dem Thema, was das Metaverse für die Zukunft des Payments bedeuten könnte. Mit Blick auf die potenziellen Auswirkungen sowohl auf Merchants als auch auf Payment Provider versucht Adam, den Hype um das Metaverse zu durchleuchten und die Frage zu beantworten, ob das Metaverse für die Merchants, die in der digitalen Wirtschaft der Zukunft tätig sein wollen, tatsächlich das gelobte Land ist.
Seit der Ankündigung von Mark Zuckerberg im Jahr 2021 ist die Idee eines “Metaverse” in der breiten Öffentlichkeit angekommen. Doch bei all dem anfänglichen Hype sollte der Blick für die Realität - ob mit oder ohne VR-Brille - nicht verloren gehen. Während bei Zuckerbergs Präsentation die Virtual Reality (VR), also eine computergenerierte 3D-Realität, im Fokus stand, lässt sich das Metaverse-Konzept an sich als eine Weiterentwicklung des Webs beschreiben, bei der VR nur ein Teil der Vision darstellt. Im gegenwärtigen Web 2.0 haben soziale Medien, mobile Apps und Cloud Computing die Art und Weise, wie wir das Internet nutzen, verändert. Das wird auch für die nächste Iteration des WWW gelten. In diesem Artikel werden wir uns dem Metaverse als Plattform annähern und darauf eingehen, wie sich Online-Zahlungen und E-Commerce aus dieser Perspektive entwickeln könnten.
Das erste Zeitalter: Ein offenes Internet
Internetplattformen, wie wir sie heute kennen, sind ein relativ neues Phänomen. Das ursprüngliche Internet, das in den 1970er Jahren mit dem ARPANET entstand, basierte auf Webseiten und der Annahme der Netzneutralität, dass jedwede Kommunikation gleich wichtig und Daten gegenüber anderen nicht bevorzugt werden. Dieses offene Internet kam mit einem Minimum an “Gatekeeping” aus und war für jeden, der ein Modem besaß, zugänglich. Doch bereits zu diesem Zeitpunkt führten einige Anbieter, wie AOL, bereits ihre eigenen Plattformen ein.
Der Übergang zum “Plattform-Kapitalismus”
Mit dem rasanten Anstieg des E-Commerce begann sich die Situation zu verändern. Der mobile Zugang zum Internet und die ersten großen sozialen Netzwerke etablierten sich, Millionen- und Milliardenunternehmen entstanden. In dieser Zeit entstand der “Plattform-Kapitalismus”, ein Begriff, den Nick Srnicek, in seinem gleichnamigen Buch etablierte, um dieses neue Geschäftsmodell zu beschreiben. Es sind diese Plattformen, die es Google, Amazon, Facebook/Meta, Uber etc. ermöglicht haben, zu solch dominanten Akteuren zu werden.
Das Geschäftsmodell von Platform Enterprises wie AirBnB und Uber besteht darin, dass Dienstleistungen oder Güter verkauft oder vermietet werden, ohne diese tatsächlich zu besitzen. Die Plattformen sind, wie Srnicek argumentiert, Vermittler, die Kunden und Anbieter zusammenbringen.
Der Profit der Plattformen ergibt sich daraus, dass bei jeder Transaktion ein Stück vom Kuchen abfällt. Eine ähnliche Idee verfolgen die App-Stores von Google und Apple: Sie bieten Entwicklern eine Plattform, über die sie ihre Apps an die Endverbrauchen verkaufen können, und erhalten pro Verkauf eine Provision von rund 30 %. Daraus ergeben sich auch die Kosten für die Geschäftstätigkeit in einem dieser Stores: eine 30-prozentige Abgabe auf digitale Waren, die von den Plattformbetreibern eingehoben wird. Da Apple keine andere, offizielle Möglichkeit zur Installation von Software auf den Apple-Geräten anbietet, befindet sich das Unternehmen in Monopolstellung. Der Verkauf von Software für iOS bedeutet damit, dass die Bedingungen von Apple akzeptiert werden müssen. Android ist zwar ein weniger geschlossenes System als iOS, doch der Play Store von Google funktioniert nach demselben Modell. Im Gegensatz zur ersten Phase des Internets bewegen wir uns mit den Plattformen hin zu einem geschlossenen Internet. Die Big Tech Player übernehmen die Rolle der Gatekeeper.
Mächte in Schieflage
Geschlossene Plattformen liefern Angebote, die entweder angenommen oder abgelehnt werden können. Dieses Machtverhältnis nutzt Apple, um beispielsweise zu verlangen, dass alle Zahlungen unter iOS über Apple laufen müssen. Die Geschäftsbedingungen erlauben Verkäufe über andere Plattformen nur für wenige Ausnahmen, wie Netflix-Abonnements. Diese restriktiven Praktiken gingen bereits vor Gericht, wie im Beispiel Epic Games vs. Apple. Im Multiplattform-Spiel Fortnite von Epic Games können die Spieler keine V-Bucks, so der Name der virtuellen Spielwährung, auf einer Plattform kaufen und auch auf der anderen verwenden. Sie müssen entweder über den Google- oder Apple-Store gekauft und in dieser Plattform verwendet werden. Bei jedem Kauf erhält der Store-Besitzer einen Anteil von 30 %. Der Versuch von Epic, diesen 30 %-igen Aufschlag zu umgehen und die Einsparungen an die User weiterzugeben, indem der Kauf von V-Bucks über die Epic-Website erlaubt wird, führte dazu, dass Fortnite aus den App-Stores entfernt wurde, da das Vorgehen gegen deren Richtlinien verstößt.
Das Beispiel unterstreicht Machtgefüge und Abhängigkeiten von Plattformen, sowie die Art und Weise, wie Zahlungen abgeschottet werden können. Wenn die Plattformen der Zukunft ähnlich geschlossene Systeme sind, werden Merchants zusätzliche Kosten entstehen, um im Metaverse Geschäfte zu machen. Die Payment Provider könnten auch vollständig aus dem Ökosystem gedrängt werden, um eigene Zahlungsmethoden anzubieten. Das ist zwar gut für die Plattformbetreiber, aber nicht für die Konsumenten oder Innovationen, die unter Wettbewerb den Markt vorantreiben.
Für viele Unternehmen besteht die Option bereits jetzt nicht mehr auf ungünstigen Social Media Plattformen oder Shops wie Amazon, die natürliche Monopole sind, keine Geschäfte zu machen. Auf der bevorzugten Social Media Seite finden sich schließlich die meisten User. Amazon ist für viele Konsumenten aufgrund der Breite des Angebots das Online-Geschäft schlechthin. Die Merchants fühlen sich verpflichtet, auf Amazon gelistet zu sein, was wiederum mehr Verbraucher auf die Seite zieht - ein Kreislauf, dem schwer zu entkommen ist. Nick Srnicek benennt dies als wesentliches Merkmal digitaler Plattformen: sie sind auf “Netzwerkeffekt” angewiesen. Je mehr Nutzer eine Plattform verwenden, umso wertvoller wird sie für alle anderen.
Die Kontrolle über die Wirtschaft der Zukunft
Wenn das Metaverse eine Zukunft mit hybrider Wirtschaft bringt, werden die Bedingungen für diese Wirtschaft von den Metaverse-Plattformen diktiert werden. Wer diese nicht akzeptiert, entscheidet sich gegen eine Teilnahme an dieser neuen Wirtschaft. Wer sie akzeptiert, wird ihr verpflichtet sein, auch wenn sich Funktionsprinzipien über Nacht ändern.
In diesem Sinne ist die Entstehung des Metaverse als eine erste “Landnahme” im Machtkampf um das Internet der Zukunft zu sehen. Die Positionierung ist einer der Motivationsfaktoren, sowie eine Möglichkeit, um potenzielle Konkurrenten aufzukaufen, bevor sie zur Bedrohung werden, oder umfangreiche Investments zu tätigen.
Ein aktuelles Beispiel für diese Dynamik liefert John Naughton in seinem Artikel im Guardian über die Übernahme von Figma durch Adobe für 20 Mrd. Dollar. Er argumentiert, dass der Grund, warum Adobe bereit war, die hohe Übernahmesumme eines relativ kleinen Unternehmens zu zahlen, im Wesentlichen eine Frage der Macht ist. Figma besitzt die Plattform der Zukunft - ein Tool für die Online-Zusammenarbeit, das auf die Bedürfnisse geografisch verteilter Teams zugeschnitten ist. Wenn der Analyst Ben Thompson recht behält und Figma ein Betriebssystem für Design liefert, bedeutet dies, dass Adobe auf lange Sicht mit Figma kooperieren muss - und nicht umgekehrt. Oder wie Adobe es ausdrückt: Wenn Entwickler auf die Plattform von Figma angewiesen sind, muss Figma die Bedingungen für die Geschäftstätigkeit auf der Plattform bestimmen, nicht Adobe.
Diese Art des Denkens ist für Meta nicht neu, man erinnere sich an die Übernahme von WhatsApp durch Facebook. Das Diktat der Macht ist schließlich das, was Plattform-Kapitalismus so verlockend macht. Keiner weiß das besser als Zuckerberg. Meta hat mit sinkenden Einnahmen zu kämpfen, was zum Teil auf die Änderungen der Datenschutzrichtlinien von Apple zurückzuführen ist. Diese Änderungen haben sich direkt auf Metas primäres Werbemodell ausgewirkt und führten im Jahr 2022 erstmals zu einem Rückgang an Werbeeinnahmen nach jahrelangem Wachstum. Eines der Mankos von Meta besteht darin, dass es von anderen Plattformen abhängig ist, da es für den Vertrieb seiner Plattform Zugang zu den App-Stores benötigt. Ein Wechsel von Apps zu einem von Meta kontrollierten Metaverse wäre in dieser Hinsicht sehr praktisch.
Dieses Szenario zeigt ein in der IT-Branche weit verbreitetes Risiko auf: die Bindung an einen bestimmten Anbieter. Wenn es an praktikablen alternativen Plattformen mangelt, können sich Unternehmen nicht einfach dafür entscheiden, ihre Geschäfte woanders zu tätigen. Ähnlich wie ein Verkäufer bei Amazon nicht einfach seinen Amazon-Shop schließen und über eine andere Website verkaufen kann, stehen Unternehmen, die im Metaverse tätig sind, vor dem gleichen Problem. Wer eine Plattform verlässt, verlässt wahrscheinlich auch seine Kunden, die nicht zu einer anderen Plattform wechseln werden, nur weil ein einzelner Anbieter umgezogen ist. Die Unternehmen sind also an diese Plattformen gebunden, da es keine praktikablen Alternativen gibt.
Welche Möglichkeiten haben die Merchants?
Unabhängig davon, ob die Vision des Metaverse verwirklicht wird oder nicht, ist das Risiko für Unternehmen, die auf Plattformen von Drittanbietern arbeiten, real. Da sich aktuell das Machtgefüge deutlich zugunsten dieser Gatekeeper verschoben hat, besteht die Gefahr, dass diese durch die Plattformen der Zukunft weiter gefestigt wird.
Auf die Netzwerkeffekte hin ausgelegt bedeutet das aber auch, dass die Wahrscheinlichkeit, dass neue Akteure den Markt herausfordern, gering ist. Wenn der Markt selbst nicht in der Lage ist, Monopole zu brechen, bleibt der Staat, um regulierend einzugreifen. Kartellgesetze können zur Zerschlagung von Monopolen eingesetzt werden. Maßnahmen zur Einschränkung der Steuervermeidung würden das Kapital, das die Plattformen aufgebaut haben, aufzehren. Damit wäre auch die Option eingeschränkt, potenzielle Konkurrenten zu übernehmen, noch bevor sie zur Bedrohung werden. Das neue EU-Gesetz für digitale Märkte, das heuer in Kraft treten soll, sieht ein Verbot vor, die App-Entwickler zur Nutzung bestimmter Dienste des Gatekeepers verpflichten. Dazu gehören auch Zahlungssysteme. Damit ist das Ungleichgewicht nicht vollständig beseitigt und bleibt lokal auf die EU beschränkt. Eine weitere Möglichkeit, Plattformen zu beschränken, besteht darin, dass sie "unabhängige Auftragnehmer" einsetzen, um die Kosten niedrig zu halten. Auch in diesem Bereich bewegt sich die Gesetzgebung, wenn auch nur langsam.
Befürworter eines offeneren Internets würden argumentieren, dass diese natürlichen Monopole als Versorgungsunternehmen betrachtet werden sollten. Wenn sie für das tägliche Leben so unentbehrlich werden - bis zu dem Punkt, dass man sie braucht, um zu arbeiten oder Lebensmittel zu kaufen -, ist es wichtig, sie offen und für jeden zugänglich zu halten. Auch hier müsste der Gesetzgeber tätig werden, was eine Rückkehr zu einem offeneren Internet bedeuten würde.
Zusammenfassung: Risiken, Vorteile und ein Aufruf, Unabhängigkeit zu wahren
Das Risiko geschlossener Plattformen und Lock-ins betrifft Merchants und Payment Provider auf unterschiedliche Weise. Für Verkäufer besteht das Risiko der "Plattformsteuern". Diese beträgt in geschlossenen Plattformen in der Regel etwa 30 % und stellt eine erhebliche Erhöhung der Geschäftskosten dar, die letztlich an die Konsumenten weitergegeben wird. Die Merchants sind zudem an die Bedingungen der Plattform gebunden, auf der sie tätig sind. Ranking-Algorithmen oder die Arten von Waren, die auf einer Plattform willkommen sind, können sich über Nacht ändern, was enorme Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit haben kann.
Für Payment Provider besteht die Gefahr, dass Plattformen ihre eigenen Payment Gateways einführen, die ausschließlich auf der Plattform verwendet werden müssen, wodurch deren Geschäftsmodell völlig untergraben wird. In Folge werden dann auch die Merchants vom fehlenden Wettbewerb betroffen sein. Da sie nicht in der Lage sind, sich nach dem besten Angebot umzusehen, führt eine einzige Zahlungsoption zu einem "Nimm-es-oder-lass-es-bleiben", mit dem Risiko, dass die Händler es sich nicht leisten können, nein zu sagen, um nicht den Zugang zum Markt zu verlieren.
Dieser Geschäftsansatz steht im Gegensatz zur Philosophie von IXOPAY. Wir glauben fest daran, dass es wichtig ist, Wahlmöglichkeiten zu bieten und Offenheit zu fördern. Unsere Payment Orchestration Platform ist so konzipiert, dass sie agnostisch ist und keinen einzelnen Anbieter bevorzugt. Unseren Kunden steht es frei, mit den Payment Providern und den Payment Methods zu arbeiten, die am besten passen. Die Möglichkeit, schnell zwischen Providern zu wechseln, ist ein Feature von IXOPAY, kein Fehler. So betrachten wir auch die Fähigkeit von IXOPAY, die Bindung an einzelne Anbieter zu vermeiden, als einen zentralen Vorteil.
Die Verwirklichung des Metaverse ist im Moment noch Zukunftsmusik. Einige technologische Hürden gilt es zu überwinden. Dennoch haben die ersten “Landnahmen” bereits begonnen. Da das Internet gegenwärtig einen Paradigmenwechsel durchläuft, sollten sich die Merchants der Machtdynamik bewusst sein, die hier am Werk ist. Während die Möglichkeit, online Handel zu treiben, für die meisten modernen Unternehmen von entscheidender Bedeutung ist, sollten sie sich auch vor einseitigen Geschäftsbeziehungen oder unerwarteten Überraschungen hüten.
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